Beitrag 44: Führung in der Forschung – lange unterschätzt

Prof. Dr. Folkhard Isermeyer
(Präsident Johann Heinrich von Thünen-Institut)

„Wer einen kleinen Milchviehbetrieb führen will, muss etwas von Kühen verstehen. Wer einen großen führen will, muss etwas von Menschen verstehen.“

Diesen Merksatz eines Beraters habe ich vor vielen Jahren bei einer Bauernversammlung gehört. Natürlich verkürzt er die Wirklichkeit unzulässig, doch die Kernbotschaft wird klar: Mit zunehmender Unternehmensgröße verändern sich die Herausforderungen für die Leitung. Klingt banal, wird aber von den Betroffenen häufig zu spät erkannt.

Heute leite ich ein Forschungszentrum, das 2008 durch Fusion von drei Bundesforschungsanstalten (Landwirtschaft, Forst- und Holzwirtschaft, Fischerei) entstanden ist. Unsere 14 Fachinstitute forschen in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Technologie. Gemeinsam wollen wir die Politik in die Lage versetzen, für eine nachhaltige Nutzung der Felder, Wälder und Meere auf unserem Planeten zu sorgen.

Durch erfolgreiche Mitteleinwerbung ist das Thünen-Institut inzwischen auf rund 1.000 Beschäftigte  angewachsen. In den meisten Fachinstituten arbeiten also mehr als 50 Menschen. Und deren Führung? Bisher galt: „Wer ein Forschungsinstitut führen will, muss etwas von Forschung verstehen …“. So wurden traditionell unsere Stellen ausgeschrieben, so orientierten sich zumeist auch die Berufungskommissionen, und dieses Denken bestimmte das Handeln mancher Führungskraft bis zum Ruhestand. In solchen Fällen blieb Führung dann dauerhaft Nebensache.

Führung in der Forschung hat viele Facetten. Ein junger Hochschul-Assistent, der eine Handvoll Doktoranden für drei oder vier Jahre zu führen hat, steht vor ganz anderen Herausforderungen als ein Institutsleiter, der 50 Menschen zu führen hat, davon die Hälfte ein Berufsleben lang. Bei der Leitung großer Forschungsinstitute sollte „… muss etwas von Menschen verstehen“ eigentlich selbstverständlich sein.

Damit das künftig nicht dem Zufall überlassen bleibt, setzen wir neue Instrumente ein: (1) Wir prüfen die Leitungskompetenz der Personen, die sich um eine Institutsleitung bewerben. (2) Wir entwickeln die Führungsfähigkeiten unseres Personals systematisch. (3) Wir betreiben regelmäßig ein Führungsfeedback für alle Führungskräfte. Bei diesen Maßnahmen nehmen wir externe Hilfe in Anspruch.

Diese Instrumente schaffen einen professionellen Rahmen. Damit innerhalb dieses Rahmens exzellente Leistungen und hohe Arbeitszufriedenheit gedeihen, bedarf es aber noch mehr: Reden, streiten, wetteifern (vor allem auch „außerplanmäßig“), d. h. sich permanent gegenseitig herausfordern, um die „großen“ gemeinsamen Ziele zu schärfen, querzudenken und neue Problemlösungen zu entwickeln. Wenn es gut läuft, wächst dabei Vertrauen – die allerwichtigste Voraussetzung für ein kreatives, leistungsstarkes Miteinander.
Programmieren lässt sich das allerdings nicht, jedenfalls solange Menschen am Werk sind. Zum Glück!

Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Mai 2014

Prof. Dr. Folkhard IsermeyerZur Person:

Prof. Dr. Folkhard Isermeyer
Präsident Johann Heinrich von Thünen-Institut

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