Beitrag 50: Führen bei einer Berufsfeuerwehr – eine Herausforderung
André Völzke
(Stellenleiter Ausbildung, Berufsfeuerwehr der Stadt Braunschweig)
Als Führungskraft bei einer Berufsfeuerwehr obliegt mir die Aufgabe Menschen auf sehr unterschiedlich Arten zu führen. Dabei führe ich nicht nur meine Mitarbeiter, sondern ich muss im Einsatz den vom Einsatzgeschehen Betroffenen Führung geben. Aber dazu später mehr.
Mein Arbeitsalltag auf der Feuerwache ähnelt denen vieler Führungskräfte. Hier pflegen wir einen kooperativen Führungsstil. Da gilt es Teams zu formen, Personalentwicklung zu betreiben und Mitarbeiter an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.
Als Leiter der Ausbildungsstelle gewinne ich Interessenten für den Beruf, lasse sie ausbilden und sorge später für einen Wissenserhalt und -ausbau durch ein umfangreiches Fortbildungsprogramm. Dennoch beginnt hier schon der erste feine Unterschied zu anderen Berufen und damit auch zum Führungsgedanken. Angehende Berufsfeuerwehrfrauen und Berufsfeuerwehrmänner auszubilden bedeutet normale Menschen so zu trainieren, dass sie in extrem belastenden Situationen handlungsfähig bleiben.
Neben dem feuerwehrtechnischen Fachwissen und dem Aufbau einer körperlichen Grundfitness gehören Führungswissen ebenso zum Ausbildungsprogramm jeder Berufsfeuerwehrfrau und jedes Berufsfeuerwehrmannes, wie die Erfahrung der eigenen körperlichen und mentalen Grenzen.
Im Alltag auf einer Feuerwache gibt es eine weitere Besonderheit. Während meiner 24-Stundendienste teile ich einen ganzen Tageszyklus mit meinen Kollegen. Man lernt seine Mitarbeiter so viel persönlicher kennen als bei einer Tätigkeit, die sich auf normale Arbeitszeiten beschränkt. Es entsteht so eine ganz besonderer einmaliger Teamzusammenhalt.
Dahingegen unterscheidet sich das Führen in einem Einsatz grundlegend. Oftmals müssen innerhalb weniger Sekunden wichtige Entscheidungen getroffen werden, die nicht selten irreversibel sind und deutlichen Einfluss auf den Einsatzerfolg haben. Die getroffenen Entscheidungen gilt es dann durchzusetzen. Hier bleibt nicht viel Spielraum für die Beteiligung der Mitarbeiter am Entscheidungsprozess. Stattdessen gilt es schnell zu handeln. Von einer Führungskraft bei einer Berufsfeuerwehr erwartet der Mitarbeiter Sicherheit insbesondere in gefährlichen und belastenden Situationen. Schließlich vertraut sie/er mir als Führungskraft ihre/seine Gesundheit an.
Aber nicht nur der Mitarbeiter vertraut darauf, dass die getroffene Entscheidung richtig ist. Ebenso die Betroffenen am Einsatzort erwarten nicht nur Hilfe sondern Sicherheit. Für sie ist das Ereignis eine extreme, meist einmalige Ausnahme in ihrem Leben, mit der sie wahrscheinlich nicht gelernt haben umzugehen. Nicht selten erwächst daraus Verzweiflung. In diesen Situationen muss ich Sicherheit ausstrahlen und ihnen Halt geben. Nun verhalten sich die wenigsten Menschen in solchen Situationen rational und umsichtig. Dieses Verhalten gilt es in meinen Entscheidungsprozess einzubeziehen. Für mich kann es bedeuten, die Führung für die Betroffenen zu übernehmen und ihnen damit eine Hilfestellung geben, vielleicht sogar einen Ausweg aufzuzeigen. Gerade hier sind für eine Feuerwehrführungskraft Unsicherheit, Ratlosigkeit oder gar Hilflosigkeit zu keinem Zeitpunkt akzeptabel.
Menschenführung ist im Einsatz eine interessante und vielseitige Herausforderung mit einer hohen Verantwortung.
Und was bedeutet es für die eigene Familie? Sie soll sich natürlich auch keine Sorgen machen. An dieser Stelle gilt es ebenfalls für Sicherheit zu sorgen und zu entscheiden, was man am Ende eines Arbeitstages mit nach Hause bringt.
André Völzke, August 2014
Zur Person:
André Völzke
Stellenleiter Ausbildung, Berufsfeuerwehr der Stadt Braunschweig
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