Beitrag 22: Vom Fachexperten zum Allrounder
Rainer Gerlinger
(Bezirksstellenleitung Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Hannover)
Im Nachhinein betrachtet ist es schon erstaunlich, wie man nach 15 Jahren als Fachexperte und Projektmanager plötzlich wieder fast bei null anfangen musste.
Nachdem ich das Angebot zur Übernahme einer Leitungsposition angenommen hatte, musste ich feststellen, dass mein gesammeltes Fachwissen in einem mir bis dahin fremden Fachbereich kaum noch etwas zählte.
Natürlich lernt man schnell und intensiv in einer frisch anvertrauten neuen Aufgabe und Rolle. Auch mit den neuen fachlichen Herausforderungen und hohen Haftungsrisiken im neuen Arbeitsbereich setzte ich mich intensiv auseinander. Doch die wesentlichen Erkenntnisse für mich waren grundsätzlicher Art.
In vielen Einzeldisziplinen aktuelles Wissen in ausreichender Tiefe aufrecht zu erhalten, ist schon rein zeitlich kaum mehr möglich. Jeder Mitarbeiter ist schließlich in seiner Disziplin Experte. Darauf muss man sich als Chef verlassen können und auch wollen. Die wesentliche Aufgabe besteht darin, den Überblick zu bewahren und die Zusammenarbeit zielführend zu gestalten. Die Grundlage hierfür ist gegenseitiges Vertrauen und eine tiefe Anerkennung über das, was in allen Positionen geleistet wird; auch in der Leitungsposition.
Im Gegensatz zu meinen ersten Berufserfahrungen als „Fachexperte“ bin ich heute eher ein „Allrounder“ mit einem „breiten Allgemeinwissen“. Meist muss ich mich um Dinge kümmern, die sich aus der Organisation und der Zusammenarbeit ergeben.
In einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gibt es zudem vielfältige Vorgaben, die teils über reine betriebswirtschaftliche Unternehmensziele hinausgehen. Aufgaben und Rahmenbedingungen sind zum Teil gesetzlich verankert und über Fachausschüsse und Beiräte politisch begleitet. Dennoch ist ein Budget zu verwalten und möglichst steigende Erlöse und Deckungsgrade sind zu erzielen.
Nach mittlerweile 10jähriger Erfahrung als Führungskraft kann ich heute sagen: Ich bin weiterhin gerne Leiter, „Führen und Managen“ macht Spaß, weil man immer mit Menschen zu tun hat und weil kaum eine Situation einer anderen gleicht, wird es nie langweilig. Und auch die Themen sind reichhaltig Kümmern und Koordinieren, Kommunizieren und Integrieren, Fördern und Fordern – und es gibt weiterhin viel zu tun und zu lernen. Als ausgebildeter Coach biete ich meine Erfahrungen mittlerweile auch Kunden an, die selbst als landwirtschaftliche Unternehmer Mitarbeiter führen. Und ab und zu gönne ich mir eine kleine Auszeit: mit Facharbeit innerhalb kleiner Projekte – meine Mitarbeiter geben mir dafür Zeit und tragen es mit.
Rainer Gerlinger, Januar 2014
Zur Person:
Rainer Gerlinger
Bezirksstellenleitung Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Hannover
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